Bericht |
„Digitalisierung ist kein Selbstzweck und digitale Infrastruktur ist die Basis der Digitalisierung“. Einigkeit bei diesen beiden Punkte verband die Diskutanten im ‚Im Open Space der nachhaltigen digitalen Transformation‘. Mit den Teilnehmenden diskutierten im Fishbowl-Format Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer, Bitkom e.V., Valentina Daiber, Vorstand Recht & Corporate Affairs, Telefónica Deutschland und Karsten Kluge, Geschäftsführer, Thüringer Netkom GmbH. Unterschiedliche Ansätze hingegen bestanden bei den anzugehenden Maßnahmen, auch wenn die Bestandsaufnahme in den Eingangsstatements einvernehmlich erfolgt:
So betonte Daniela Kluckert, dass Deutschland beim Ausbau der Glasfaser- und 5G-Netze maßgebliche und gute Fortschritte macht. Die Grundlage dafür bestehe in einer konsequenten Ausbau-Beschleunigung, zu denen die Standardisierung der mindertiefen Verlegung ebenso beiträgt, wie die Förderung und das vorgesehene TK-Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Es gehe darum Teilhabe zu ermöglichen und Daten zu sammeln, zu nutzen und zur Verfügung zu stellen. Damit könne die Digitalisierung zu mehr Nachhaltigkeit, z.B. zur intelligenten Verkehrssteuerung, beitragen. Es gehe darum, Doppelstrukturen zu vermeiden, um Nachhaltigkeitspotenziale zu heben, auch durch die Digitalisierung der Verwaltung.
Einen Mangel an verlässlichen Daten beklagte Bernhard Rohleder. Zwar sei klar, dass die Digitalisierung in etwa den Faktor 5 an CO2 gegenüber dem eigenen Footprint der Digitalisierung einsparen könne, es bestünden aber Defizite bei Daten über die Nachhaltigkeitsmessung von Telekommunikationsnetzen. Zwar könne der Betrieb von digitalen Infrastrukturen mit regenerativer Energie klimaneutral erfolgen – eine vollständige regenerative Energieversorgung in Deutschland sei vor 2050 aber kaum realistisch, die Branche sei daher gefordert auch eigene Nachhaltigkeitsbestrebungen zu unternehmen.
Valentina Daiber betonte, dass 5G schneller als jede andere Technologie in Deutschland ausgebaut worden sei. Der Ausbau werde mit zunehmender Netzabdeckung in den verbleibenden Flecken allerdings zunehmen schwieriger. Daher sei es wichtig mit erleichterten Rahmenbedingungen den Ausbau zu erleichtern und bei der Frequenzpolitik von Auktionen abzusehen, da der Markt bisher 65 Mrd. Euro für Frequenznutzungsrechte ausgegeben habe, die bisher in die Errichtung von Infrastruktur investiert worden wären.
Karsten Kluge merkte an, dass wichtige Beschleunigungshebel wie die Standardisierung von mindertiefen Verlegetechniken auch in den Bauämtern ankommen müssten. Dort fehle es an vielen Stellen noch an Akzeptanz. Effizienz müsse auch bei den Förderverfahren wichtiger werden. Hier würden aktuell zu viele Markterkundungsverfahren Kapazitäten der Unternehmen binden und den eigenwirtschaftlichen Ausbau von Glasfasernetzen erschweren. Diese seien deutlich energieeffizienter als Kupfer-basierte Technologien.
Eine lebhafte Diskussion entwickelte sich um den sog. Doppelausbau, also die Errichtung mehrerer paralleler Infrastrukturen. Während manche Teilnehmer die Energieeffizienzgewinne einer Infrastruktur betonten, rückten andere Resilienz- und Wettbewerbsaspekte in den Mittelpunkt der Betrachtung. So betonte Daniela Kluckert, dass die soziale Marktwirtschaft mit Wettbewerb die besten Ergebnisse und niedrige Preise fördere. Der aktuelle Rechtsrahmen und die eingerichteten Monitoringstellen böten die Voraussetzungen dafür ein Ausnutzen von Marktmacht zu verhindern. Ein Verbot des Doppelausbaus sei hingegen nicht zielführend, da die Verringerung von Wettbewerb zu schlechteren Ergebnissen und höheren Preisen führe. Dem stimmte Michael Hagspihl, Deutsche Telekom zu und betonte, dass die Corona-Pandemie gezeigt habe, wie leistungsfähig die Netze in Deutschland seien. Stephan Albers, Breko, betonte hingegen, dass der Ausbau nur eines Netzes nachhaltiger sei und hierfür auch Kooperationen im Markt möglich sind.
Wichtiges Diskussionsthema waren zudem die finanziellen Rahmenbedingungen für den Betrieb und den Ausbau digitaler Infrastrukturen. So betonte Günter Eggers, NTT, dass zwar KI als wichtige Technologie gefördert wäre, nicht aber die dafür notwendigen digitalen Infrastrukturen. Bei den im europäischen Vergleich höchsten Strompreisen in Deutschland gebe es hierzulande einen strukturellen Wettbewerbsnachteil. Zur Lösung schlug Wolfgang Kubink, Deutsche Telekom, vor, die Anregung des Bitkom aufzugreifen und die vorgesehene Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe auf Digitalunternehmen auszudehnen. Einen Wunsch, dem Daniela Kluckert vor dem Hintergrund der Haushaltslage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kaum Erfolgsaussichten bescheinigte, auch wenn sie den Standortnachteil verstehe. Vielmehr müsse es darum gehen, dass alle gemeinsam an ihren Stellen das Gemeinschaftsprojekt Digitalisierung angehen: Der Bund mit Förderung und Ausbauerleichterungen, die Länder im Baurecht und die Kommunen bei den Genehmigungsverfahren und der Nutzung der DIN-Norm zur mindertiefen Verlegung. Es gehe darum, das überragende öffentliche Interesse, welches es für Energienetze, Schiene und teils Straßen gebe, auch auf digitale Netze auszuweiten.
Auch Judith Luig, Glasfaser Münster, beschäftigte die zukünftige privatwirtschaftliche Finanzierung des Netzausbaus. Aktuell wären Investitionen in Telekommunikationsnetze nicht taxonomie-fähig und damit würden – aller Nachhaltigkeitsbemühungen der Branche zum Trotz – Finanzierungsströme abgeschnitten. Hier bedürfte es dringend einer Anpassung. Prof. Tim Breusten, Charta digitale Vernetzung, betonte in einem abschließenden Beitrag, dass es nicht nur neue Infrastrukturen brauche, sondern auch eine neue digitale Kultur, um gemeinsam und schnell zu Lösungen zu kommen.
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